Preisgedicht
WAFFENAMNESTIE ODER
WO PANZER FISCHE ANLOCKEN SOLLEN?
„Die verliebte Viola d’Amore, Gall. Viole d’Amour, führet den lieben Nahmen mit der That / und will viel languissantes und tendres ausdrücken ...“
Johann Mattheson in Das neu-eröffneten Orchestre (1713)
Versenkt die schiffe, die schiffswracks im atlantik,
ihr freunde der küsten & inseln. schafft riffe,
kunst:riffe gleich gitarren-griffe & arabesken
rosetten wie bei den gamben. taucht unter die
schrottreifen russischen panzer, T-60, gar T-34 &
schafft parkanlagen mit alleen der kosmonauten &
östliche diwane als couch. kreiert unterwasser:parks
zum schlendern & streunen, zum müßig:gehen; nur
keine militärparaden & retraite, säbel:rasseln &
zapfen:streiche. fantasiert die f-löcher beim klang
der mandolinen & ukulelen. begrabt das kriegs:beil
im schlamm der tiefe, zieht auf den grund jatagan &
macheten, umwürgt vom tang & mühlstein. stecht in
see die pershing II & tauft unterwasser katjuschas
& kassam:raketen als schutz für die fische, auch
algen, korallen. kalaschnikow:salven mixen gischt
ins auge des kampf:mittel:beseitigungs:dienstes. die
stahlwände schlagen wurzel:bäume gen himmel, bis
der stahl die rösser verlässt & der seestern aufgeht
in den herzen der fische. die gambenfamilie in der
galerie der kunst:riffe & die viola d ́amore erzählt
argentin oder silbern von giacomo & der hugenottin.
Das Gedicht ist eine eindrückliche und komplexe Sinfonie aus Bildern und Klängen, oder es könnte auch eine Art Psalm sein, den du singst und rufst. Möge er Wirklichkeit werden ...
Vera Schindler-Wunderlich, Schweizer Literaturpreisträgerin 2014
Gedicht erschienen in "Ein Fest auf unsrer Straße"